Wege zu einem nachhaltigen Bergsport: DAV-Naturschutztagung 2018 in DresdenUmwelt 1

Am letzten September-Wochenende fand in Dresden die im Zweijahresturnus vom DAV Geschäftsbereich „Alpine Raumordnung“ organisierte Naturschutztagung statt. Sie richtet sich an die ehrenamtlichen Naturschutzreferent*innen des Deutschen Alpenvereins und dient dazu, gemeinsam mit der Verbandsspitze, Fachleuten und Akteuren anderer Naturschutzverbände Lösungswege zu aktuellen Brennpunkten zu erarbeiten. „Wie sieht der Naturschutz in Zukunft aus?“, „Wie schaffen wir es künftig, Bergsport noch naturverträglicher zu gestalten?“ und andere Fragen wurden unter dem Motto „Wege zu einem nachhaltigen Bergsport“ erörtert.

Kaum waren im ehrwürdigen Saal der Dreikönigskirche (in dem sich nach der Wende der erste sächsische Landtag konstituiert hatte) die Begrüßungsworte von Hanspeter Mair (Geschäftsbereichsleiter Alpine Raumordnung), Dr. Thomas Gröger (Leiter des Referats Schutzgebiete, Biotop- und Artenschutz am SMUL) und Steffen Griese (1. Vorsitzender der Akademischen Sektion Dresden) verklungen, da führte Martin Richter das Publikum mit bezaubernden Landschaftsaufnahmen in die Sächsische Schweiz und erweckte die Kletterhistorie zum Leben. Derart eingestimmt war es für den Leiter der Nationalparkverwaltung Dr. Dietrich Butter ein Leichtes, die Delegierten von den Besonderheiten des Schutzzonenkonzepts zu überzeugen und die aktuellen Herausforderungen im Nationalpark zu illustrieren.

Der Samstag startete mit Impulsvorträgen. Unter dem Titel „Bergsport und Naturschutz im Anthropozän“ kritisierte der DAV Vizepräsident Rudi Erlacher, dass das epochale Wachrütteln durch den Club of Rome 1972 mit den „Grenzen des Wachstums“ zu einer „Schrecksekunde“ verblich, da es die Symbiose von Wirtschaft, Politik und Leistungsgesellschaft meisterlich verstand, Grenzen permanent zu verschieben und „herauszuholen, was noch geht“. Wie könne es gelingen, ein verbrieftes Schutzgebiet aus dem Alpenplan einfach auszuschneiden, um eine Skischaukel zu genehmigen? Das Riedberger Horn sei so ein Projekt „in Schwebe“, obgleich die Genehmigung durch die Bayerische Staatsregierung nach massivem Druck durch Umweltverbände vorläufig ausgesetzt ist. Und AUDI-Werbung verkünde stolz: „Vernunft kann warten“, und das „Panzerglas“ des SUV im Stadtverkehr glänze mit der Aufschrift „Mir kann keiner, auch nicht der Klimawandel“. Dabei ticke die CO2-Uhr des Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) unaufhaltsam, und für das +1,5 °C Szenario läuft sie bereits rückwärts (siehe https://www.mcc-berlin.net/forschung/co2-budget.html). Zudem verschöben auch Bergsportler ihre Leistungsgrenzen stetig nach oben, ergänzten ihre Sommer- mit Winterrekorden, in immer abgelegeneren Gebieten, zu den letzten vom Menschen unangetasteten Flecken dieser Erde. Gleichzeitig sei das Ethos des „clean climbing“ längst aufgegeben worden (als Beispiel diente der Bohrhakenausbau am Klettergipfel Kleine Halt im Kaisergebirge) und immer mehr unzugängliche, für Kletterer uninteressante Wände würden durch Klettersteige erschlossen. Wer bemerke eigentlich das Wachstum der Grenzen (https://www.zeit.de/2011/16/P-Wachstumsgrenzen und https://www.boell.de/de/navigation/oekologische-marktwirtschaft-ralf-fuecks-wachstum-grenzen-11772.html? Wer schmökere im Buch von Ralf Fücks „Intelligent Wachsen – die grüne Revolution (s. https://www.hanser-literaturverlage.de/buch/intelligent-wachsen/978-3-446-43484-4/)? Wer rede uns eigentlich immer noch ein, dass mehr materieller Wohlstand erstrebens-wert sei?

Im zweiten Beitrag stellte das Team im Ressort Naturschutz und Kartografie Aktuelles und Perspektiven zum Thema „Nachhaltiger Bergsport im DAV“ vor, darunter die DAV-Projekte „Bergsport mit Zukunft“ (Julia Mrazek) und „Mountainbike und Umwelt“ (Jan Müller) sowie die DAV-Kampagne „Natürlich klettern“ und die internationale Kampagne „Unsere Alpen“. Es folgte eine Vorstellung von Best-Practice-Beispielen aus den Sektionen. Die DAV-Sektion Augsburg hat in einem Pilotprojekt drei Tourenformate kreiert: „NATour“, UMWELTour“ und „KULTour“ und damit guten Anklang gefunden. Dieses vorbildliche Beispiel zur Bündelung der Umwelt- und Kulturbildung wurde im Anschluss bei den Workshops aufgegriffen und den DAV-Sektionen empfohlen, um die beiden Vereins-ziele Bergsport und Naturschutz zu veranschaulichen und erlebbar zu machen.

Im Anschluss befassten sich vier parallel stattfindende Workshops mit den Themen „Zukunftsweisende Mobilität“, „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, „Naturverträglicher Bergsport und Gebietsbetreuung“ sowie „Zukunftsperspektive Naturschutz“. Unter anderem durften die Teilnehmenden die globalen Wege im Herstellungsprozess und die Wertschöpfungskette einer „nachhaltig produzierten“ Outdoorhose ausknobeln. Nach einer Kaffeepause wurden die Ergebnisse der einzelnen Arbeitsgruppen dem gesamten Plenum vorgestellt.

Es folgte eine Podiumsdiskussion, an der u.a. Katrin Uhlemann von der Sächsischen LANU Akademie, Jan Lorch als Geschäftsleiter für Vertrieb & Corporate Social Responsibility der Firma VauDe sowie Simon Keller (in der Bundesjugendleitung des JDAV für Naturschutz zuständig) teilnahmen. Mit der abschließenden Fragerunde, die wie die gesamte Tagung vom Referenten für Umwelt und Naturschutz der DAV-Sektion Dresden moderiert wurde, nahm der Elan am Dialog deutlich zu. Beispielsweise wurde kritisch hinterfragt, wie das Präsidium mit den bei der Naturschutztagung erarbeiteten Initiativen und Lösungsansätzen verfährt, und wann ein operative Implementierung zu erwarten sei. In den Abschluss-Plädoyers wurden insbesondere folgende zentrale Botschaften formuliert, um die Naturschutzaktivitäten weiter voranzubringen:

  • Der DAV muss politischer werden.
  • Der DAV muss frecher werden.
  • Der DAV muss über den Tellerrand schauen.
  • Der DAV muss mit anderen Sport- und Umweltverbänden zusammenarbeiten.

Umwelt 2Am Sonntag ging es in kleinen Gruppen bei herrlichstem Spätsommerwetter hinaus in die Sächsische Schweiz, um die Praxis zu den Themen „Umweltbildung – Nationalpark empfinden“, „Umweltfreundliches Mobilitätskonzept Sächsische Schweiz“, „Klettern und Naturschutz“ und „Geologie der Sächsischen Schweiz“ erlebbar zu machen. Unser Jugendreferent Torsten unterstützte die Exkursion ehrenamtlich mit seinem Fahrzeug und seiner Lebenszeit, wofür wir ihm anerkennend großen Dank aussprechen möchten.

Weitere Informationen unter:
https://www.alpenverein.de/natur/wege-zu-einem-nachhaltigen-bergsport_aid_32273.html
https://www.dav-augsburg.de/aav/verein-berichte/925-dav-naturschutztagung-2018-in-dresden

Dr. Kai-Uwe Ulrich Referent für Umwelt und Naturschutz DAV-Sektion Dresden

Fotos vom Exkursionstag „Klettern und Naturschutz“ (Copyright KU Ulrich, DAV)

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